Stille Nacht - gruselige Nacht?

Margit E. Flierl • 25. Dezember 2025

Stille Nacht - gruselige Nacht?

Stille Nacht, heilige Nacht.

Kein Fest im Jahreskreis ist so Erwartungs- und Emotions-geladen wie Weihnachten. Die Mär der weißen Weihnacht, wo Kinder mit leuchtenden Augen in der warmen Stube unter dem festlich geschmückten Tannenbaum sitzen und sich über sämtliche Geschenke staunend freuen, hält sich hartnäckig in unserem Unterbewusstsein. Friede soll mit Euch sein!


Alle Jahre wieder steigen unsere Erwartungen und Hoffnungen für Weihnachten. Die Adventszeit, die staade Zeit, mutiert zum Shopping Stress, im Zweifel bis zum 24. Dezember – und immer diese verflixten Ideen Defizite: Was soll man schenken? Dann kommt der Gutschein, die Einladung, das Verlegenheitsgeschenk, das niemanden Freude macht, die modernen Äquivalente von Schlips + Socken für den Vater, Bratpfanne für die Mutter, langweilige Spiele für die Kinder.

Stille Nacht, hektische Nacht. Ein Terminplan muss her! Wo früher überschaubare Verwandte wie Großeltern, Urgroßeltern, Tanten, Onkel und Cousins/Cousinen zu besuchen waren, ist heute oft ein Vielfaches an Verwandtschaft/Freunden zu bedenken. Patchwork Familien sind schnell mit 4 x Großeltern, 4 x Urgroßeltern, xyz Tanten, Paten, Partnern der (fast) erwachsenen Kinder usw. dabei. Wie alle unter einen Hut kriegen?

Stille Nacht, unheilige Nacht. Und dann ist Weihnachten wiedermal so ganz anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Die Gans ist nicht durch (oder verbrannt), der Freund der Tochter ist inzwischen Veganer, die anderen Großeltern sind sauer, weil sie erst am 2. Weihnachtstag besucht werden, die Kinder hängen lasch durch und beschweren sich, dass die Clubs geschlossen sind.



Stille Nacht, grausige Nacht. Und was, wenn man allein ist, sich einsam fühlt? Einem die Decke direkt auf den Kopf fällt? Das Leben trüb und hoffnungslos aussieht?

Versuchen Sie, sich an den Feiertagen selbst kleine oder große Höhepunkte zu setzen. Essen Sie etwas Besonderes, das nicht alltäglich für Sie ist. Bringen Sie sich in Bewegung: In der Natur, im Fitness Center, in einem schönen Bad. Lassen Sie Ihren Tag bewusst anders ablaufen, als all die anderen Tage. Denken Sie an das Neue Jahr, mit so viel Zuversicht, wie gerade möglich ist. Denken Sie an jeden einzelnen Monat. Was könnte das Highlight eines jeden Monats für Sie sein? Es müssen nicht immer große Dinge sein, auch kleine Dinge können leuchten.


Stille Nacht, heilige Nacht. Wie kann sie gelingen, diese „heilige Nacht“? Halten Sie einen Moment inne und fragen Sie zunächst sich selbst, wie gelungene Feiertage für Sie aussehen. Was sind Ihre Erwartungen, was möchten Sie (nicht) unternehmen? Anschließend mit dem Partner/Partnerin und – je nach Alter – auch mit den Kindern die Wünsche und Ideen zusammentragen und gemeinsam einen stressfreien Plan machen. Den einen oder anderen Verwandten/Freunde vielleicht lieber zwischen den Jahren besuchen. Muss es dies Jahr eine Gans sein? Will wirklich die ganze Familie, dass 1-2 Personen ganztags in der Küche stehen? Sich vorab über Geschenke austauschen. Die Freudenquote steigt enorm, wenn man sich vorher bespricht, was den Anderen interessiert. Oder mal einfach auf Geschenke verzichten?

Verabschieden Sie sich frühzeitig von alten Glaubenssätzen: An Weihnachten sind wir eine glückliche Familie. An Weihnachten streitet man nicht. An Weihnachten besucht man die Oma, usw usw usw. Verabschieden Sie sich auch von der Vorstellung, dass Sie selbst und alle anderen per telepathischer Fähigkeit ganz genau wissen, was Sie und alle anderen sich wünschen und wie sie sich Weihnachten vorstellen.


Man darf an Weihnachten auch Nein sagen: zu einem Menu Vorschlag, zu Aktivitäten, zu Besuchen und Besuchern, zu Hektik und Stress.

Hören Sie in sich hinein. Eigentlich wissen Sie ganz genau, was Sie für Weihnachten wollen oder nicht wollen. Sprechen Sie vorab mit Ihrem Partner/Partnerin. Vermuten Sie nicht, was die anderen wollen, sondern kommunizieren Sie! Fragen und Antworten in sachlichem Ton sind einer der Schlüssel zum Erfolg.



Es war einmal.... ein etwas anderes Weihnachten.
Die Wünsche und Erwartungen an Weihnachten wurden schon Tage vorher besprochen. 
Der Baum wurde zeitig gekauft und geschmückt. Über die Geschenke hatte man vorab gesprochen und teils komplett darauf verzichtet. Das Weihnachtsessen ist diesmal einfach und wird in Teamwork zubereitet. Der vegane Freund der Tochter bringt sein eigenes Hauptgericht mit. Die Besuche bei Verwandten und Freunden werden über die gesamte Zeit zwischen Weihnachten und drei König verteilt. Man hat sich auf gemeinsame Aktivitäten und individuelle Pläne geeinigt. Auf den gespielt- erzwungenen Weihnachtsfrieden wurde zu Gunsten offener Unterhaltung verzichtet. Man staunt gemeinsam, wie stressfrei und gemütlich Weihnachten sein kann.


Stille Nacht, heilige Nacht. Ich wünsche Ihnen herzlich stressfreie, gesegnete und friedvolle Feiertage. Kommen Sie gut ins Neue Jahr!